In Deutschland fehlen 430.000 Kita-Plätze, zudem herrscht in den Einrichtungen ein gravierender Personalmangel. Diese ernüchternden Ergebnisse einer Bertelsmann-Studie zeigen einmal mehr, dass Anspruch und Wirklichkeit in der deutschen Familienpolitik weit auseinanderklaffen. Wir erinnern uns: Seit 2013 besteht für Kinder nach ihrem ersten Geburtstag ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Für Jungen und Mädchen ab drei Jahren gibt es den Anspruch schon seit 1996.
Und nun? Die Studien-Autoren schreiben von einer „untragbaren Situation“, obwohl es sogar Fortschritte beim Ausbau von Kita-Angeboten gab. Also müssen Lösungen her. Wie in vielen anderen Berufen fehlen auch den Kitas Fachkräfte. Oberste Priorität muss es sein, diese zu gewinnen. Doch dazu muss der Erzieher-Beruf spürbar attraktiver werden. Das fängt bei der Ausbildung an. Noch immer wird die klassische Erzieher-Ausbildung nur teilweise vergütet. Die Ausbildung zur Kinderpflegerin ist komplett unbezahlt. Wer möchte da noch diesen anspruchsvollen Beruf erlernen? Eindeutig zu wenig Menschen - das wissen wir nicht erst seit der Bertelsmann-Studie.
Das Ausbildungsdilemma ist jedoch nicht das einzige Problem. Auch bereits ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher müssen in ihrem Job entlastet werden. Die Pädagogen sind häufig mit Hauswirtschafts- und Verwaltungsaufgaben beschäftigt - neben ihrer eigentlichen Kernarbeit - der kompetenten Betreuung der Kita-Kinder. Erzieherinnen und Erzieher sind aber weder Verwaltungsfachangestellten, Putzkräfte noch Köche/Köchinnen oder Küchengehilfen.
Um Ausreden für den untragbaren Dauerzustand waren die wechselnden politisch Verantwortlichen nie verlegen. Mal waren die geflüchteten Kinder, die zusätzlich betreut werden sollen, schuld an der eklatanten Kita-Lücke, mal die Babyboomer, die ach so plötzlich in Rente gehen. Und dann war da ja auch noch Corona.
Vor rund einem Jahr verabschiedete der Bundestag das „Kita-Qualitätsgesetz“ der Ampel-Koalition. Darin steht, dass der Bund vier Milliarden Euro für die Länder für die Jahre 2023 und 2024 ausgibt. Was gut klingt, ist aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Geld allein verbessert noch lange nicht die Qualität. Zumal die Länder einen Teil der Bundesmittel dafür einsetzen können, Beitragsfreiheit zu finanzieren.
Ändert sich jetzt nichts, dürfen wir uns nicht wundern, wenn Deutschland in Bildungsstudien immer wieder schlecht abschneidet. Es ist ja kein Geheimnis: Bildung fängt nicht erst mit der Schulzeit an. Und um gut vorbereitet in die Schule zu gehen, braucht es gute Pädagogen in den Kitas - und die bekommt man nur mit einem attraktiven Arbeitsumfeld.